Ich schon! Und weißt du was? Ich durfte diesen Gesang mit meinen eigenen Ohren hören. Es war das Beeindruckendste meines Lebens.

Buckelwale sind die Sänger unter den Walen. Nur die männlichen Wale singen und ihre Lieder können bis zu 20 Minuten dauern und sehr laut sein, sogar lauter als ein startendes Düsenflugzeug. Sie verständigen sich damit untereinander und wollen die Weibchen anlocken und beeindrucken.

Nun erzähl ich euch aber meine erlebte Geschichte:

Alles begann an meinem 60. Geburtstag. Meine Familie schenkte mir eine Reise, die ich nie vergessen werde – nach Tonga!

Ein winziges tropisches Inselreich mitten in der Südsee. Weißer Sand, türkisblaues Wasser, Palmen, die im Wind rauschen – ein echtes Paradies. Und dort, Jahr für Jahr, kommen die Buckelwale aus der Antarktis, um ihre Babys zu bekommen.

27 Stunden Flug um die halbe Welt – das war ganz schön lang! Aber als ich endlich auf Tonga stand, wusste ich: es wird gigantisch.

Am zweiten Tag fuhren wir mit einem kleinen Boot und einem Guide hinaus aufs Meer. Nur sechs Taucher. Sonne, Wind – und Wellen! Wir suchten stundenlang nach den Walen. Nichts. Nur das endlose Blau.

Dann plötzlich rief unser Guide: „Da! Der Blas!“
Eine Nebelfontäne am Horizont – ein Wal!

Es war soweit. Mein Herz raste.

Jetzt musste alles schnell gehen.

Eilig zogen wir Flossen, Schnorchel und Brille an. Der Wal war abgetaucht. Wir warteten gespannt, starrten auf die Wellen. Und dann – wieder dieser Ruf unseres Guides: „Go, go, go!“. Er war wieder da – es war eine Mama mit ihrem Baby – dem Kalb - 100 Meter von uns entfernt.

Wir sprangen ins Wasser und paddelten so angestrengt gegen die Wellen zu der Stelle, an der der Wal wieder abgetaucht war, dass ich völlig außer Atem war. Dort war nichts zu sehen, nur kaltes, tiefblaues Wasser. Kein Wal weit und breit. Stattdessen – ein Ton. Tief, vibrierend, geheimnisvoll.

Der Gesang eines männlichen Wals, der sich wohl in der Nähe aufhielt! Ich spürte ihn in meiner Brust. Er war so laut, dass mein ganzer Körper bebte.

Nach endlosen zwanzig Minuten im blauen Nichts – plötzlich ein Schimmer!
Tief unten zog sich eine weiße Linie durch das Dunkel, erst verschwommen, dann immer klarer und größer– der Rand der mächtigen Brustflosse eines Wals. Allmählich trat der gigantische Körper aus der Tiefe hervor. Und ganz nah bei ihm schwamm das Baby.

Ich hielt den Atem an. Sie kamen direkt auf mich zu! Schnell paddelte ich zur Seite – gerade noch rechtzeitig! Fast wären sie mit mir zusammengestoßen. Nur zwei Meter entfernt schwammen sie vorbei. Das Auge der Walmutter – groß wie eine Faust – blickte direkt in meins. In diesem Moment fühlte ich mich winzig und unendlich glücklich zugleich.

Nach ein paar Atemzügen an der Wasseroberfläche glitten beide wieder lautlos in die Tiefe hinab.
Ich blieb zurück – mit klopfendem Herzen und ganz benommen von dieser außergewöhnlichen Begegnung.
Es war kaum zu fassen: ein sanfter Riese der Meere, so nah, dass man ihn hätte berühren können. Und dieser Gesang der Wale – er wird mir für immer im Gedächtnis bleiben. Ich hatte das Privileg, einen Blick in eine für uns verborgene, geheimnisvolle Welt zu werfen.

Gott hat Wunderbares erschaffen – und wir dürfen es sehen.

Das war mein Erlebnis, das ich nie vergessen werde.

Euer Werner